Influencer #2: Realistische Chance für Unternehmen in MV?

Judith Kenk - Sichtbarkeitsexpertin aus MV

Influencer Serie #2 M-V Judith Kenk

Influencer #2: Realistische Chance für Unternehmen in MV?

Nach den grundlegenden Betrachtungen im Blogbeitrag #1 zum Thema „Basiswissen für Dein Marketing“, prüfen wir in diesem Beitrag, ob dieses Marketing-Tool auch für MV sinnvoll anwendbar ist.
Dabei gehen wir auf die Wirtschaftsstruktur von MV und den ländlichen Raum ein. Food Reisen und Fashion sind die gefragten Themen bei der Influencer-Community – gute Voraussetzungen also für Influencer-Marketing „Made in MV“?

Die Wirtschaftsstruktur in M-V

Die Wirtschaftsstruktur in MV ist gekennzeichnet von Kleinteiligkeit. Über 77% der Betriebe in MV haben weniger als 10 Mitarbeitende. Sie werden den Kleinstunternehmen zugeordnet. Über 18 % haben zwischen 10 und 49 Beschäftigte und zählen zu den Kleinunternehmen. Knapp 4% zählen zu den mittelgroßen Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte) und weniger als 0,5% zu Großunternehmen (250 und mehr Mitarbeitende). Traditionelle Familienunternehmen gibt es infolge der DDR-Historie nur vereinzelt bis gar nicht. Hidden Champions sind ebenfalls kaum vorhanden.

Häufig fehlen bei der Bevölkerung Bewusstsein und Kenntnisse über die erfolgreichen Akteure im Land. MV nimmt wiederholt den Platz als Schlusslicht bei verschiedensten Rankings im wirtschaftlichen Bereich ein.

Sehr erfolgreich sind wir u.a. im Bereich Tourismus und dürfen uns als Tourismusland bezeichnen.
Wir glänzen mit mehr als 2.000 Seen, fast 2.000 km Ostseeküste, ausgedehnten Wäldern, gut erhaltenen Kulturlandschaften, historischen Bauwerken, überregionalen Radwegen und viel Raum zur Entwicklung.

„Darüber hinaus gibt es in Mecklenburg-Vorpommern eine starke Tradition der Landwirtschaft und Viehzucht, was zu einer Vielzahl von regionalen Produkten wie Rindfleisch, Schweinefleisch, Geflügel, Kartoffeln und Gemüse führt. Die regionale Küche zeichnet sich durch deftige Gerichte aus, die oft mit frischen Zutaten aus der Region zubereitet werden.“ Die Küche spiegelt die Nähe zum Meer und die Vielzahl der Seen wider und bietet so viele maritime Highlights und ein großes Angebot an Süßwasserfischen.

Das sind attraktive Themen, die von Influencer*innen aufgegriffen werden können und zu den o.g. Top-Themen gehören. Deren Strahlkraft bietet ein großes Potenzial, das wir überregional nutzen können, um MV als vielfältiges und attraktives Bundesland für Fachkräfte, Absatz und Zuzug zu positionieren.

Influencer*innen und wie sie in der kleinteiligen Unternehmensstruktur unterstützen können

Influencer*innen sind täglich online und produzieren permanent Content. Dabei sind sie nicht involviert in stressige Arbeitssituationen, Personalmangel oder die (touristische oder landwirtschaftliche) Saison und können so unabhängig von den unternehmerischen Abläufen aktiv sein. Ein großer Vorteil für kleinere Unternehmen, die keine eigene Marketingabteilung haben. Influencer*innen sind engagiert beim Thema Interaktionen, also beim Kommentieren und Kommentare beantworten. Sie wissen, welchen Stellenwert diese Aktivität in den sozialen Netzwerken hat. Etwas, das viele Unternehmen ebenfalls nicht leisten können.
Sie haben einen Blick von außen und sehen Vorzüge, die im eigenen täglichen Unternehmens-Kosmos nicht mehr wahrgenommen werden. Influencer*innen sind näher an den Trends, etwas das sich Klein- und Kleinstunternehmen ebenfalls zunutze machen können. Über kleine Hilfsmittel, wie z. B. Coupons oder Codes kann eine Erfolgskontrolle stattfinden. Wichtig ist es wieder, konkrete messbare Ziele zu vereinbaren.

Der Tourismus

Die Tourismusbranche habe ich bereits in dem Artikel „Instagramability – Wie andere für Dich Werbung machen“ betrachtet. Und natürlich locken Foto-Spots auch Influencer*innen an. Die Tourismus-Hotspots bieten sich mit traumhaften Orten, schönen Hotels und Restaurants quasi auf dem Silbertablett an. Foto- und Videocontent zu erstellen, geht hier leichter von der Hand.

Account @foerde_fraeulein auf Instagram

Unter dem Instagram-Account von Förde Fräulein zeigen mittlerweile 4 Frauen vielfältige Ausflugsziele von Kiel und ganz Schleswig-Holstein. Mit schönen Bildern, großartigen Themen und einem gelungenen Corporate Design haben sie sich eine Community von über 47.000 Follower*innen aufgebaut. Seit 2015 gibt es diesen Account. Gemeinsam als Region oder Branche Influencer-Marketing zu denken, bringt zahlreiche Vorteile, wie z. B. vielfältigen Content, Image-Effekte und mehr Sichtbarkeit für eine ganze Region oder Branche und die Frage der Finanzierung lässt sich so leichter regeln.

Influencer wie Simon Hegewald (Account: hegefire mit über 250 Tsd. Follower*innen) springen auf den Wandertrend auf und schaffen es, eher traditionellen Orten in Thüringen, der sächsischen Schweiz oder dem Bayerischen Wald einen frischen Glow bei der jungen Zielgruppe zu verpassen. Auch Fachwerkstädtchen wie Rothenburg ob der Tauber oder Bremen werden dank ihrer Darstellung hip und viel sichtbarer bei einer jüngeren Zielgruppe. Influencer*innen können die Einstellung zu den Orten ändern, die Sichtbarkeit erhöhen, die Content-Erstellung übernehmen und Wünsche wecken bei der Zielgruppe.

Account @hegefire auf Instagram zeigt wie cool wandern (wieder) ist

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) führt seit Jahren verschiedene Kampagnen durch. Hier können sich touristische Anbieter dem Jahresprogramm anschließen und werden von Influencer*innen etc. besucht und vorgestellt. Im Jahr 2021 nahm die DZT die ländlichen Regionen in den Fokus. Mit der Kampagne „Germany off the beaten track – #EnjoyHiddenGermany“ waren Influencer*innen abseits der Touristenpfade unterwegs und berichteten live über ihre Erlebnisse. Hierfür lud die DZT ausgewählte Influencer*innen aus den Quellmärkten Spanien, Italien, Frankreich und der Schweiz ein. Die Orientierung liegt hier also auch auf dem internationalen Markt. Für das Jahr 2024 plant die DZT potenzielle Kund*innen in Indien anzusprechen mit den 52 UNESCO-Welterbestätten in Deutschland.

Influencer können, neben der Präsentation von Reisezielen auch die Orientierung der der Reiseplanung übernehmen. Eine weitere Chance für Destinationen, Hotels, POIs und Co. Herausforderungen für die Kund*innen zu lösen.

Food-Influencer

Essen dient längst nicht mehr nur der physiologischen Sättigung. Essen ist Lifestyle! Laut einer Studie von Parfumdreams werben 35% der reichweitenstärksten Influencer*innen für Lebensmittel und Getränke. Der Food-Bereich ist somit der zweitwichtigste Partner der untersuchten Influencer*innen. Essen hat einen großen sozialen Aspekt, es bringt Menschen zusammen. Heute wollen die Menschen „Essen erleben“. Essen bietet so viel Raum für Kreativität.

Die Ernährung unterliegt vielen Änderungen, Neuerungen, Erkenntnissen. Und nicht alle Food-Influencer*innen sind automatisch Ernährungswissenschaftler*innen. Hier muss auf die gemeinsame Zielstellung geachtet werden. Geht es um das Ambiente, den Geschmack oder geht es um die Inhaltsstoffe? Wer hier clever auswählt, kann seine*n Influencer*in finden.

Es findet sich für nahezu jede Nische ein Food-Influencer. Stündlich kommen bei Instagram 8.000 Beiträge mit dem Hashtag #food dazu. Der Verdacht liegt nahe, dass sich viele Menschen durch die sozialen Netzwerke zu ihrer aktuellen Ernährungsform gekommen sind. Wenn wir die Zahlen betrachten, wie sehr sich Menschen von sozialen Netzwerken und Influencer*innen beeinflussen lassen. (Zahlen siehe Teil 1 dieser Serie Influencer-Marketing)

Das Frittenwerk sagt, dass ein Großteil ihrer Kund*innen über Social Media kommt. Gäste fragen gezielt nach Gerichten, die sie beispielsweise auf Instagram gesehen haben.

Stylisch und appetitlich – der Instagram-Account von @frittenwerk

Besonders spannend ist die Einbeziehung von Influencer*innen für bestimmte Regionen. So können potenzielle Kund*innen über einen Account mehreren gastronomischen Einrichtungen folgen. Die Anbieter können kooperieren und sich die Kosten für die Influencer*innen teilen. Als Beispiel ist hier u.a. aboutfrankfurt zu nennen. Über 100.000 Follower lassen sich regelmäßig von Food, Orten, Events und mehr inspirieren.[1] Mikro-Influencer sind besonders für die lokale Gastronomie wertvoll. Sie sind nicht nur bezahlbar, sondern u.U. in einer Region besonders stark. (Über die verschiedenen Formen der Influencer*innen schreibe ich in meinem ersten Blogbeitrag.) Wenn Influencer*innen eine bestimmte Region abdecken, dann bietet das die Chance, besonders in dieser Region sichtbarer zu werden.

Micro-Influencer für „Micro-Unternehmen“?

Micro-Influencer*innen, also Influencer*innen zwischen 1.000 bis 10.000 Followern (Details zur Klassifizierung siehe Influencer-Marketing Teil 1) und auch Nano-Influencer*innen (ab 1.000 Follower*innen) setzen auf Klasse, statt auf Masse. Die Mehrheit aller Influencer*innen zählen zu diesen Kategorien und sind gefragt, weil sie eine höhere Glaubwürdigkeit und eine enge Beziehung zu ihrer Community genießen. Mit ihren Empfehlungen sorgen sie für Mundpropaganda. Die Engagement-Rate ist höher als bei großen Influencer-Accounts. Je höher die Engagement-Rate (Likes, Kommentare, gespeicherte und geteilte Beiträge…), desto größer die Wirkung auf die Marke. Häufig sind Influencer*innen mit einer kleinen bzw. mittleren Community markentreuer, weil sie von dem Produkt überzeugt sind. Sie freuen sich über Gratisprodukte, Likes und Kommentare. Ihre ganze Aktivität ist emotionaler und echter, sozusagen die/der Influencer*in von nebenan. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Markentreue aus, was den Verkauf weiter ankurbeln kann. Micro-Influencer*innen sind außerdem bezahlbar. Micro-Influencer*innen werden als Expert*innen auf ihrem Gebiet wahrgenommen, da sie häufig eine Nische besetzen.

Bei der Betrachtung dieser Aspekte scheint es, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen in MV sich trauen dürfen, auf Micro-Influencer*innen zu setzen. Es gibt viele Schnittmengen

Influencer-Marketing in MV – bald Standard im Marketing-Mix?

Influencing scheint für die meisten Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern noch keine realistische Option im Marketing-Mix zu sein. Auch Chat-GPT schätzt dies so ein:

„In Mecklenburg-Vorpommern ist das Influencer-Marketing im Vergleich zu anderen Bundesländern möglicherweise weniger stark ausgeprägt. Da Mecklenburg-Vorpommern eher ländlich geprägt ist und keine großen Städte mit einer großen Influencer-Szene hat, ist die Nutzung von Influencer-Marketing hier möglicherweise nicht so intensiv wie in urbanen Gebieten.

Dennoch gibt es auch in Mecklenburg-Vorpommern einige lokale Influencer, die über ihre Kanäle Inhalte zu Themen wie Reisen, Natur, Outdoor-Aktivitäten und regionale Produkte teilen. Insbesondere die Schönheit der Küstenlandschaft und der Seen in Mecklenburg-Vorpommern bieten eine attraktive Kulisse für Influencer.

Lokale Unternehmen, insbesondere im Tourismus- und Gastgewerbe, können von Influencer-Marketing profitieren, um ihre Angebote zu bewerben und auf die Schönheit der Region aufmerksam zu machen. Es ist jedoch anzumerken, dass das Ausmaß des Influencer-Marketings in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zu anderen Bundesländern möglicherweise geringer ist.“

Dennoch ist Influencer-Marketing für kleine und mittelständische Unternehmen eine realistische Chance und eine Überlegung wert und kann helfen, im nationalen und internationalen Wettbewerb zu bestehen.

Weiter geht es in Teil 3: Bürger*innen als Influencer – Warum nutzen wir nicht mehr authentisches Inlfuencer-Marketing?


Literatur

https://chatgptx.de/ persönliche Kommunikation aufgerufen am 07.12.2023

https://frittenwerk.com/ aufgerufen am 06.12.2023

Vgl. Prof. Dr. Zdrowomylsaw, N. et al. Regionalwirtschaft kennen und gestalten, MV Verlag Marketing GmbH S. 154 ff

weiterführende Literatur/Links

https://www.reachbird.io/de/magazin/ aufgerufen am 07.03.2024

Unter dem folgenden Link sind inspirierende Food-Accounts zu finden. Und sie posten nicht ausnahmslos aus Metropolen:

 

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